Kernaussage: Das grundlegende Ziel ist interne und externe Aggressionen am Arbeitsplatz zu verhindern (wie z. B. Gewalt oder Mobbing) und ein gutes Arbeits-/Betriebsklima zu schaffen.
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) ist die Agentur der Vereinten Nationen für die Welt der Arbeit. 187 Staaten sind Mitglieder der ILO.
"Am 21. Juni 2019 nahm die International Labour Conference [der ILO] das Übereinkommen 190 (C190) gegen Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz an. C190 ist ein bindendes völkerrechtliches Übereinkommen. Deutschland ratifizierte das Übereinkommen 2023, im Juni 2024 ist es in Kraft getreten. C190 richtet sich an Unternehmen und Arbeitgeber und verpflichtet sie, ein Arbeitsumfeld frei von Gewalt und Belästigung zu schaffen.
Das Übereinkommen definiert als erstes internationales Instrument Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz als 'eine Bandbreite von inakzeptablen Verhaltensweisen und Praktiken oder deren Androhung, gleich ob es sich um ein einmaliges oder ein wiederholtes Vorkommnis handelt, die auf physischen, psychischen, sexuellen oder wirtschaftlichen Schaden abzielen, diesen zur Folge haben oder wahrscheinlich zur Folge haben, und umfasst auch geschlechtsspezifische Gewalt und Belästigung.' " (www.ilo.org/de/resource/news/5-jaehriges-jubilaeum-ilo-uebereinkommen-190-ueber-die-beseitigung-von, 29.12.24)
Diese Definition erklärt nicht den Unterschied zwischen "Belästigung" und "Gewalt". Das Übereinkommen übersetzt das englische Wort "harassment" mit "Belästigung". Ich verwende dafür das Wort "aggressives Verhalten = Aggression".
Aggression ist der übergeordnete Begriff zu Gewalt. Nicht alles was aggressiv ist, kann als Gewalt bezeichnet werden.
"Eine besondere Ausprägung von Aggression ist Gewalt. Gemeinhin wird Gewalt als seine [die] schwere Form der Aggression verstanden ..." (Pressel, H. (2024). Aggression und Gewalt am Arbeitsplatz. Haufe, München, S. 27)
Beispiel: Wenn sich eine Person über den Fehler einer anderen Person aufregt und laut spricht, dann ist das aggressiv, aber nicht gewaltätig. Erst wenn diese Person immer wieder laut auf die andere Person einredet, dann schädigt dies deren Psyche (psychische Gewalt kann genauso wehtun wie physische Gewalt).
"Eine Handlung gilt als aggressiv, wenn sie sich gegen Personen oder Sachen richtet und dabei bewusst oder fahrlässig in kauf genommen wird, dass dadurch ein Rechtsgut verletzt wird. ... Beispiele sind Körperverletzung (§ 223 StGB), gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB), Sachbeschädigung (§ 303 StGB) oder Nötigung (§ 240 StGB). Aggressive Handlungen können auch psychischen Druck auf Personen ausüben, wie etwa Bedrohung (§ 241 StGB) oder Beleidigung (§ 185 StGB). ... Im Zivilrecht sind aggressive Handlungen oft im Zusammenhang mit Schadensersatzansprüchen oder Unterlassungsansprüchen relevant." (www.juraforum.de/lexikon/aggressiv, 11.10.24)
Rechtlich gesehen ist also nicht nur gezieltes, sondern auch fahrlässig schädigendes Verhalten aggressiv. Wissenschaftler definieren anders:
"Auch die wissenschaftlichen Definitionen aggressiven Verhaltens beinhalten vor allem die negative Komponente des Verhaltens. In wissenschaftlichen Definitionen ist meistens ... die Absicht, Schaden auszurichten, explizit formuliert. ... Die Berücksichtigung der Intention in wissenschaftlichen Definitionen ist sinnvoll, weil der Begriff 'Aggression' sonst mit Bedeutungen überfrachtet wäre ... (Borg-Laufs, 1997). Die Unterscheidung zwischen hyperaktivem und aggressivem Verhalten erfolgt beispielsweise über die Intentionalität des Verhaltens." (https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/1973/02_Kapitel2.pdf?sequence=3&isAllowed=y, 06.11.24)
Weil "aggressives Verhalten/Aggression" der übergeordnete Begriff zu "Gewalt" ist, definiere ich den Unterschied zwischen den beiden Begriffen so:
Definition: Agressives Verhalten ist unentschuldbares Verhalten, das mit Absicht oder fahrlässig (in kauf nehmend) unangenehm für eine andere Person ist.
Definition: Gewalt ist ein Verhalten, das absichtlich oder fahrlässig einer anderen Person einen gesundheitlichen Schaden zufügt oder deren Sachen beschädigt.
So prüft ein Gericht, ob ein Rechtsgut verletzt wurde (Zusatzinformation ohne Erklärung):
"Das Vorliegen einer unerlaubten Handlung wird üblicherweise in drei Stufen geprüft: Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und Verschulden. Der Tatbestand hat dabei die Funktion, grundsätzlich – d.h.: ungeachtet der besonderen Umstände des konkreten Falles – [mögliche] verbotene Verhaltensweisen zu identifizieren. ... Im Rahmen der Rechtswidrigkeit bleibt dann zu erörtern, ob das betreffende Verhalten ausnahmsweise durch einen Rechtfertigungsgrund (z.B. Notwehr, Notstand oder Selbsthilfe) gedeckt ist. Am Ende der Rechtswidrigkeitsprüfung steht fest, dass das Verhalten im konkreten Fall tatsächlich rechtswidrig (verboten) war; es stellt sich dann noch die Frage, ob es dem Handelnden in einer Weise persönlich vorwerfbar ist, dass es seine Haftung begründen kann. Diese persönliche Vorwerfbarkeit wird als Schuld oder Verschulden bezeichnet und in Vorsatz und Fahrlässigkeit unterteilt."
(https://studip.uni-passau.de/studip/sendfile.php?type=0&file_id=cc64bc95fb86219799e8191722357dbe&file_name=Skript+Deliktsrecht.pdf, 08.10.24, S. 6)
Aggressionen und Gewalt entstehen meist durch das Zusammenwirken mehrerer Faktoren.
"Aggression wird oft ausschließlich mit dem Empfinden von Wut verbunden, jedoch können auch etliche andere Gefühle zugrunde liegen. Wenn Menschen das Gefühl haben, dass ihre Ziele, Bedürfnisse oder Wünsche blockiert werden oder sich jemand ungerecht behandelt fühlt, kann dies zu Frustration führen, die sich in Aggression äußern kann. Eine empfundene Angst vor Bedrohungen kann ebenso zu aggressivem Verhalten beitragen. Aggression und Gewalt können in einigen Fällen in Verbindung mit Substanzgebrauch stehen, da bestimmte Drogen die Hemmschwellen senken und das Risiko für impulsives Verhalten erhöhen können." (www.truppendienst.com/themen/beitraege/artikel/psychologie-aggression-und-gewalt-wege-zur-deeskalation, 14.12.24)
Wut, Frustation und Ängste deuten darauf hin, dass ein Konflikt besteht.
Bei einem Konflikt treffen unterschiedliche Interessen aufeinandertreffen und keine Seite will nachgeben.
Ein Konflikt ist "unvereinbares Verhalten zwischen Parteien deren Interessen unterschiedlich sind." (Brown, L. D. (1983). Managing Conflict at Organizational Interfaces. Ad-dison-Wesley. Reading, MA.)
Beispiel: Konflikte in einem Arbeitsteam
"Um Probleme im Team zu lösen, muss man [ein Chef] seine Mitarbeiter gut kennen ... Ziel beim Konfliktmanagement ist zunächst, alle Positionen auf den Tisch zu bringen. ...
Dieses Vorgehen mag bei kleinen Konflikten erfolgreich sein. Geht es aber um Aggression und Gewalt am Arbeitsplatz, so übersteigt die "Ursachenanalyse" normalerweise die Möglichkeiten von Vorgesetzten.
"Eine Durchsicht der einschlägigen Literatur zeigt, dass es mindestens fünf grundlegende und einander teilweise oder gänzlich widersprechende Erklärungsweisen für individuelle menschliche Aggression und Gewalt gibt:"
Wenn wir von der obigen Definition ausgehen, dann müssen zur Lösung eines Konflikts als erstes die Interessen der beteiligten Parteien/Personen geklärt werden. Deshalb muss den Beteiligten die Gelegenheit gegeben werden, ihre "subjektiven Aufassungen" darzustellen: Um welche unterschiedlichen Interessen es geht und warum sind diese unvereinbar?
Das klingt einfach, aber oft sprechen Parteien/Personen ihre Interessen nicht offen aus und manchmal sind ihnen ihre eigenen Interessen auch nicht ganz klar.
"Ziel der Interessenklärung ist, dass die Parteien verstehen, was das Gegenüber dazu bewegt, bestimmte Forderungen einzubringen. Diese Arbeit soll also Verständnis fördern, ohne Einverständnis zu fordern. ... Nicht jede öffentliche Person ist bereit, alle Beweggründe bis ins Detail offenzulegen. ... Der Mediator kann diese Situation insofern ein wenig aufbrechen, als er mit den betreffenden Parteien in Einzelgespräche geht. Hierbei kann dann unter vier Augen ebenfalls eine tiefe Interessenarbeit stattfinden. Das ist manchmal nötig, weil nicht immer vorausgesetzt werden kann, dass sich alle Parteien über ihre eigenen Interessen völlig im Klaren sind." (Hilmer, H. (2021). Konflikte in Projekten. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg, S.151)
Ein Mediation (lateinisch "Vermittlung") ist ein freiwilliges Verfahren zur Beilegung eines Konfliktes, bei dem ein unabhängiger Mediator den Lösungsprozess anleitet. Sie oder er ist aber nicht verantwortlich für dessen Ergebnis.
"Manchmal werden in Mediationen statt Interessen oder Bedürfnisse, zugrunde liegende Normen und Werthaltungen offengelegt, die verletzt wurden ..." (Koschany-Rohbeck, M. (2018). Praxishandbuch Wirtschaftsmediation. Springer Gabler, Wiesbaden, S.186)
Beispiel: Gewalttäter, die ihre Schuld (Interessen) eingestehen und Reue zeigen
"Um Betroffene vor Gewalt zu schützen und häusliche Gewalt zu beenden, müssen gewaltausübende Menschen ihr Verhalten reflektieren und ändern. Dies ist im Rahmen professioneller, standardisierter Täterarbeitsprogramme möglich.
In diesem Programm lernen gewaltausübende Menschen:
- Verantwortung für ihr Verhalten zu übernehmen
"Das kann einen sehr schmerzhaften Prozess bedeuten, weil es vom Täter verlangt, dass er versteht, was er dem Opfer an Verletzung zugefügt hat. In aller Regel bagatellisieren Täter dies und schützen so sehr effektiv ihr Selbstbild, wodurch sie selber in einem emotionalen Gleichgewicht bleiben. Beginnen sie dagegen mit einer wirklichen Auseinandersetzung, dann wird dieses Selbstbild zerstört und der Täter gerät in eine mitunter starke emotionale Krise. Diese Krise eröffnet aber zumeist erst die Möglichkeit zur Verhaltensänderung." (www.bonner-rechtsjournal.de/fileadmin/pdf/Artikel/2010_01/BRJ_047_2010_Merkel_Roth.pdf, 11.10.24, S. 53)
Bei der Lösung eines bestehenden Konfliktes geht es immer um die Zukunft.
"Bei der Mediation handelt es sich – anders als bei Rechtsverfahren oder einigen therapeutischen Interventionen – nicht um ein Verfahren, dass Vergangenheit bewertet und tiefgreifend aufarbeitet. Die Vergangenheit beschreibt lediglich den Verlauf, der die Parteien zu ihren aktuellen Standpunkten geführt hat. ... Von hier aus ist die Mediation jedoch zukunftsorientiert und fragt nicht nach einer Rechtfertigung für das vergangene Handeln, sondern vielmehr nach Möglichkeiten und Bedingungen des künftigen Einvernehmens." (Hilmer, H. (2021). Konflikte in Projekten. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg, S.155)
Grundsätzlich gibt es 3 mögliche Arten von Konfliktlösungen:
"Ausgewogen" bedeutet nicht, dass der Kompromiss für eine Seite nicht negativ sein kann. Wer eine andere Person gemobbt hat, kann froh sein, wenn er/sie eine zweite Chance bekommt, weil er/sie versprochen hat dieses Verhalten in Zukunft zu unterlassen.
Um systematisch vorzugehen, müssen wir unterscheiden zwischen Konflikten innerhalb eines Unternehmens und Konflikten von Unternehmensangehörigen mit externen Personen wie z. B. Kunden oder Publikum.
"Die IAO [Internationale Arbeitsorganisation, s. o.] ... klassifiziert die Arten von Gewalt als:
- interne Gewalt am Arbeitsplatz findet statt zwischen Arbeitnehmern, einschließlich Managern und Vorgesetzten;
- externe Gewalt am Arbeitsplatz findet statt zwischen Arbeitnehmern (und Führungskräften und Vorgesetzten) und anderen Personen, die sich am Arbeitsplatz aufhalten [wird auch "Gewalt durch
Dritte" genannt].
...
Diese Erweiterung der Kategorien wurde von der California Division of
Occupational Safety and Health Administration (OSHA) vorgeschlagen (14, 15):
Typ 1: Aufdringliche Gewalt: kriminelle Absichten von Fremden [z. B. ein Raubüberfall], terroristische Handlungen, psychisch kranke oder drogenbedingte Aggression und Protestgewalt;
Typ 2: Verbraucherbezogene Gewalt: Gewalt von Verbrauchern/Kunden/Patienten (und deren Angehörigen) gegen das Personal, traumatische Erlebnisse für das Personal, Gewalt des Personals gegen
Kunden/Verbraucher;
Typ 3: Beziehungsgewalt: Gewalt und Mobbing von Mitarbeitern [oder Vorgesetzten] gegen Mitarbeiter [oder Vorgesetzte], häusliche Gewalt am Arbeitsplatz;
Typ 4: Organisatorische Gewalt: Organisatorische Gewalt gegen Personal [z. B. wenn ein Mitarbeiter immer die unangenehmen Aufgaben übernehmen muss], organisatorische Gewalt gegen
Verbraucher/Klienten/Patienten."
(https://osha.europa.eu/sites/default/files/2022-03/violence-harassment-report.pdf, 24.12.24, S. 18 - 19)
1. Konflikte innerhalb eines Unternehmens
Konflikte in einer Belegschaft können an allen Arbeitsplätzen innerhalb eines Unternehmens auftreten:
Es ist "... völlig normal, dass Menschen auch in der Arbeitswelt gelegentlich unterschiedlicher Auffassung sind und unterschiedliche Interessen verfolgen. ... Auch wenn Meinungsverschiedenheiten nicht immer zu Konflikten führen, so sind Konflikte ... weit verbreitet. Konflikte zu negieren ist keine geeignete Strategie, zumal gut und frühzeitig gelöste Konflikte das Potenzial für kreative Lösungen haben. ... Nicht gelöste Konflikte können weitreichenden Folgen haben und bis hin zu Aggressionen und Gewalt führen." (Pressel, H. (2024). Aggression und Gewalt am Arbeitsplatz. Haufe, München, S. 13)
Bei Konflikten innerhalb eines Unternehmens müssen wir zwei Arten unterscheiden:
1.1 Wenn die beiden Parteien/Personen, zwischen denen ein Konflikt besteht, aktiv für ihre "berechtigten" Interessen eintreten. Wer nur seine Ablehnung gegen Mtmenschen befriedigen will, hat kein berechtigtes Interesse.
1.2 Wenn eine Partei/Person feindlich gegen die andere Partei vorgeht und die angegriffene Partei sich nur verteidigt.
Die beiden Fälle können unterschieden werden durch Frage: Kann es einen Kompromiss geben? Im ersten Fall kann es zu einem Kompromiss kommen, der beide Seiten zufriedenstellt (siehe oben). Im zweiten Fall ist kein Kompromiss möglich, weil die aggressive Seite ihr Verhalten unbedingt ändern muss, wie z. B. beim Mobbing:
"In Deutschland kann Mobbing am Arbeitsplatz als systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte beschrieben werden.[1] Es ist gekennzeichnet durch ein wiederholtes feindliches, herabwürdigendes, einschüchterndes, erniedrigendes oder beleidigendes Verhalten, das bei den Opfern häufig seelische Beeinträchtigungen und in der Folge auch psychosomatische Beschwerden hervorrufen kann." (https://de.wikipedia.org/wiki/Mobbing_(Arbeitsrecht), 15.12.24)
Es gibt auch Fälle, wo sich zwei Seiten gegenseitig moppen. Auch dann ist kein Kompromiss möglich, weil beide Seiten ihr Verhalten ändern müssen.
2. Konflikte zwischen Unternehmensangehörigen und externen Personen
Die Interessen eines Unternehmens können sich von den Interessen der Kunden/Klienten bzw. des Publikums unterscheiden. Das Ziel wäre eine faire Beziehung, so dass beide Seiten zufrieden sind. Leider ist das nicht immer der Fall. Es kommt vor, dass eine Seite sich ungerechtfertige Vorteile verschafft oder sich unhöflich verhält, womit die andere Seite nicht einverstanden ist. So kann ein Konflikt entstehen, der zu Aggression oder Gewalt führt.
Das Instrument zum Erkennen von Präventionsmaßnahmen ist die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung. Eine Gefährdung entsteht durch eine Quelle, die für eine oder mehreren Personen zu einem Gesundheitsschaden (einer negativen Auswirkung auf die Gesundheit) führen könnte.
Für jede mögliche Gefahrenquelle muss das Risiko für einen Gesundheitsschaden (die Eintrittswahrscheinlichkeit und die Schadenschwere) abgeschätz werden. Dann kann durch den Vergleich mit einem fremd- oder selbstgesetzten Grenzrisiko entschieden werden, ob und welche Präsentionsmaßnahmen erforderlich sind, um das Grenzrisiko zu unterschreiten. Bei jeder möglichen Gefahrenquelle bleibt auch bei sehr wirkungsvollen Präventionsmaßnahmen ein geringes Restrisiko bestehen, weil es eine 100prozentige Sicherheit nicht gibt (siehe auf Learn-Study-Work "Gesundes Arbeiten").
Die Unterscheidung zwischen internen und externen Auftreten von Aggressionen und Gewalt gilt auch für die Präventionsmaßnahmen:
"Gewalt am Arbeitsplatz durch KollegInnen oder Vorgesetzte kann in allen Berufen erfolgen – dies ist folglich nicht von der jeweiligen Tätigkeit abhängig.
Gewalt durch Dritte hängt hingegen unmittelbar mit der Tätigkeit der jeweiligen Beschäftigten zusammen: ... KundInnen, PatientInnen, KlientInnen, BürgerInnen, Lernende etc. sind also nicht nur ‚EmpfängerInnen‘ von Dienstleistungen. Sie können auch AggressorInnen und/oder GewalttäterInnen sein. Da diese Form der (potenziellen) Gewalt direkt mit der jeweiligen Arbeitstätigkeit verbunden ist, gehört sie zu den Gefährdungsfaktoren, die durch eine Gefährdungsbeurteilung aufgedeckt werden und diesbezügliche Arbeitsschutz-Maßnahmen auslösen ..."
Gefahrenquellen, die die gleichen Eigenschaften haben, werden zu Gefährdungsfaktoren zusammengefasst. Diese Gruppierung der Gefahrenquellen dient der Übersichtlichkeit, damit keine Gefahrenquellen übersehen werden (siehe das Fomular zur Gefährdungsbeurteilung auf Learn-Study-Work "Gesundes Arbeiten").
Meiner Meinung nach gehört die psychische Gewalt (wie z. B. Mobbing) zu dem Gefährdungsfaktor "Psychische Belastungen" (siehe unten) und kann durch eine Gefährdungsbeurteilung aufgedeckt werden, wenn z. B. in deren Rahmen gefragt wird: "Herrscht in unserem Unternehmen ein gutes Arbeitsklima?"
"Alles, was die Gestaltung oder das Management der Arbeit betrifft, das das Risiko von arbeitsbedingtem Stress erhöht, kann als psychosoziale Gefährdung verstanden werden. Gewalt und Belästigung
können sich sowohl auf das körperliche als auch auf das psychische Wohlbefinden auswirken und das Stressniveau erhöhen (aus diesem Grund werden sie oft als psychosoziale
Gefahr betrachtet). Stress wiederum kann zu Frustration und Wut führen und somit selbst eine Vorstufe von Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz sein (Chappel und Di Martino, 2006)." (IAO (2020),
Safe and healthy working environments free from violence and harassment, S. 13, www.ilo.org/sites/default/files/wcmsp5/groups/public/@ed_protect/@protrav/@safework/documents/publication/wcms_751832.pdf,
30.12.24)
Für die physische Gewalt sollte eine Gefährdungsbeurteilung unter dem Punkt "Gewalt durch Menschen" (eingeordnet unter "Sonstige Gefährdungsfaktoren") durchgeführt werden.
Es ist gut, wenn ein Konflikt gelöst werden kann, bevor er zu Aggression und Gewalt führt. Aber noch besser ist es, wenn aus unterschiedlichen Interessen oder Meinungen erst gar kein Konflikt entsteht, weil es sofort zu einem Interessenausgleich kommt oder weil die beteiligten Personen tolerant und rücksichtsvoll sind. Das ist möglich, wenn das Betriebs-/Arbeitsklima sehr gut ist und die Belegschaft weiß, dass sie sich vertrauenvoll an Vorgesetzte oder beauftragte Personen wenden kann, die dafür sorgen, dass für unterschiedliche Interessen ein fairer Kompromiss gefunden wird.
Beispiel Urlaubsplanung:
Alle Betriebsangehörige mit Kindern haben normalerweise ein Interesse daran, in den Sommerferien Urlaub nehmen zu können. Hier könnte es zu einem Konflikt kommen.
Eine Gefährdungsbeurteilung identifiziert deshalb Felder, in denen unterschiedliche (berechtigte) Interessen aufeinander treffen und untersucht, ob immer ein fairer Kompromiss gefunden wurde. Wenn nicht, wird über Maßnahmen nachgedacht, die solche Kompromisse ermöglichen. Es soll verhindert werden, dass beide Seiten rücksichslos miteinander streiten und dass die Seite, die unterliegt, sich rächen will.
In solchen Fällen geht es auf mindestens einer Seite um ungerechtfertigte Interessen, wie z. B. Ärger abreagieren, Machtstreben oder Bequemlichkeit.
Beispielsweise erzählte mir eine Absolventin eines Verfahrenstechnik-Studiums folgendes: Ihr erster Arbeitsplatz war in einem Ingenieursbüro eines Großunternehmens, als einzige Frau. Bei allen Besprechungen musst sie den Kaffee für die männlichen Kollegen kochen. In diesem Fall konnte man nicht sagen, dass diese ein berechtigtes Interesse daran hatten, von dieser Aufgabe befreit zu sein.
Natürlich ist die Grenze zwischen berechtigten und unberechtigten Interessen fließend. Trotzdem sollte in einer Gefährdungsbeurteilung danach gefragt werden, mit welchen Maßnahmen, das Verfolgen unberechtigter Interessen verhindert werden kann.
Genauso fließend ist die Grenze zwischen aggressiven (unfairen) Verhaltensweisen und Mobbing (siehe Zitat oben).
" 'Wir definieren Mobbing als eine Situation, in der eine oder mehrere Personen über einen lägeren Zeitraum hinweg ständig das Gefühl haben, Opfer negativer Handlungen einer oder mehrerer Personen zu sein, in einer Situation, in der das Mobbingopfer Schwierigkeiten hat, sich gegen diese Handlungen zu verteidigen. Wir werden einen einmaligen Vorfall nicht als Mobbing bezeichnen.' ... Obwohl es unangenehm sein kann, Opfer gelegentlich aggressiven Verhaltens einer Person zu sein, fällt ein solches Verhalten normalerweise nicht unter die Definition. Eine Ausnahme hiervon wäre eine Einschüchterung von so schwerwiegender Art, dass das Opfer in einer Situation permanenter Unsicherheit oder Angst zurückbleibt." (Hoel, H., & Cooper, C. L. (2000). Destructive Conflict & Bullying at Work. Manchester: Manchester School of Management, University of Manchester, Institute of Science and Technology, S. 6)
Ein wesentliches Merkmal des Übergangs von einzelnen aggressiven Verhaltensweisen zum Mobbing ist die Eskalation bezüglich der Schwere und der Häufigkeit der Handlungen/Vorfälle. Es ist kein Mobbing, wenn es einen Konflikt gibt zwischen zwei Parteien ungefährt gleicher Stärke (wenn zwei Seiten sich unfair streiten, müssen beide Seiten ihr Verhalten ändern). Gründe für Mobbing sind Neid, Frust oder die Freude am Verletzen anderer Menschen.
"Hoel & Cooper (25) haben negative Handlungen wie folgt gruppiert:
1) arbeitsbezogene Belästigung (z. B. ständige Kritik an der Arbeit oder Leistung, Versuche, Fehler zu finden);
2) persönliche Belästigung (z. B. beleidigende oder anstößige Bemerkungen, Verbreitung von Klatsch und Gerüchten);
3) organisatorische Belästigung (z. B. Entfernung oder Ersetzung wichtiger Verantwortungsbereiche durch trivialere oder unangenehmere Aufgaben, Zuweisung von Aufgaben unterhalb der eigenen Kompetenz); und
4) Einschüchterung (z. B. Androhung von Gewalt oder körperlicher Misshandlung [oder drohen mit Arbeitsplatzverlust]) und Verhalten wie mit dem Finger zeigen, Anschreien oder spontane Wutausbrüche)." (https://osha.europa.eu/sites/default/files/2022-03/violence-harassment-report.pdf, 27.12.24, S. 22 - 23)
Schwerwiegend ist auch die sexuelle Belästigung, die definiert wird als jede Form unerwünschten Verhaltens sexueller Art.
"Die Formen der sexuellen Belästigung können sein
körperlich (z. B. absichtlicher und unaufgeforderter Körperkontakt),
verbal (z. B. wiederholte sexuell orientierte Bemerkungen),
gestisch (z. B. wiederholte sexuell orientierte Gesten über den Körper einer Person),
in schriftlicher Form,
durch Nötigung (z. B. Androhung der Entlassung, wenn sexuelle Gefälligkeiten nicht gewährt werden) oder
durch ein feindseliges Umfeld (z. B. Auslegen von pornografischem Material) (4)." (https://osha.europa.eu/sites/default/files/2022-03/violence-harassment-report.pdf, 27.12.24, S. 24)
Eine Gefährdungsbeurteilung zu den "Psychischen Belastungen" an einem Arbeitsplatz soll diese möglichst auf ein Mindestmaß reduzieren und so für ein gutes Betriebs-/Arbeitsklima sorgen. Ist das vorhanden, dann achten alle Betriebsangehörigen darauf, dass aggressives Verhalten, Mobbing und Gewalt nicht vorkommen bzw. sofort Gegenmaßnahmen getroffen werden. Also sollte internes aggressive Verhalten auch unter dem Faktor "Psychische Belastungen" eingeordnet werden, weil dort alle Maßnahmen das Ziel "gutes Arbeitsklima" haben. Für die "Physische Gewalt" kann die Gefährdungsbeurteilung unter dem Punkt "Physische Gewalt durch Menschen" bei "Sonstige Gefährdungsfaktoren" durchgeführt werden (nicht tätigkeitsbezogen, sondern allgemein für das ganze Unternehmen).
"Die Förderung einer positiven Unternehmenskultur ist entscheidend für die Beseitigung von Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz. Dies bedeutet, dass ein Arbeitsumfeld geschaffen werden muss, das Gewalt und Belästigung nicht toleriert oder belohnt, das höflich (und nicht feindselig) ist, das integrativ (und nicht diskriminierend) ist, das die Zusammenarbeit zwischen den Arbeitnehmern (und nicht den Wettbewerb) fördert, das über starke (und konstruktive) Kommunikationsprozesse in der gesamten Organisation verfügt und das über eine gute Politik verfolgt (und anwendet), um respektvolles Verhalten am Arbeitsplatz zu fördern (Baillien et al., 2008)." (IAO (2020), Safe and healthy working environments free from violence and harassment, S. 56, www.ilo.org/sites/default/files/wcmsp5/groups/public/@ed_protect/@protrav/@safework/documents/publication/wcms_751832.pdf, 30.12.24, S. 56)
Wie ein solches Klima geschaffen werden bzw. wie eine Gefährdungsbeurteilung zu dem Gefährdungsfaktor "Psychische Belasungen" durchgeführt werden kann, dazu siehe auf Learn-Study-Work "Wie ein gutes Arbeitsklima schaffen". (Der Text ist allerdings noch nicht fertig geschrieben.)
"Dank der Fortschritte mustererkennender KI taucht natürlich die Frage auf, ob Konflikte vorhersehbar sind. KI-basierte Konfliktvorhersagen sind noch nicht
erfolgreich." (https://heiup.uni-heidelberg.de/journals/hdjbo/article/view/24811/18892, 09.11.24, S. 91)
Die Psychologie untersucht das Verhalten der Menschen, um es erklären, vorhersagen und verändern zu können. Die Persönlichkeit eines Menschen bestimmt die Art und Weise, wie er sich verhält. Die Persönlichkeit ist teils angeboren und teils erlernt. Für mich ist der Charakter eines Menschen die Regeln, nach denen er lebt (z. B. ist "Lügen" eine Charaktereigenschaft). Der Charakter wäre dann ein Teil der Persönlichkeit.
Was sind die wichtigsten Persönlichkeitsmerkmale eines Menschen? Beantworten tun diese Frage Persönlichkeitsmodelle, von denen zwei hervorzuheben sind:
"Das HEXACO Modell der Persönlichkeit bietet die Möglichkeit, Personen auf sechs basalen [grundlegenden] Persönlichkeitsfaktoren zu beschreiben: Ehrlichkeit-Bescheidenheit, Emotionalität, Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und Offenheit für Erfahrungen. Das Modell ... kann als hilfreiche Erweiterung des Fünf-Faktoren-Modells der Persönlichkeit ('Big Five') verstanden werden." (www.medizin.uni-tuebingen.de/de/das-klinikum/einrichtungen/kliniken/psychiatrie-und-psychotherapie/kinder-und-jugendpsychiatrie/forschung/hexaco, 29.07.24)
Was sind die wichtigsten Persönlichkeitsmerkmale eines Menschen? Beantworten tun diese Frage Persönlichkeitsmodelle, von denen zwei hervorzuheben sind:
"Das HEXACO Modell der Persönlichkeit bietet die Möglichkeit, Personen auf sechs basalen [grundlegenden] Persönlichkeitsfaktoren zu beschreiben: Ehrlichkeit-Bescheidenheit, Emotionalität, Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und Offenheit für Erfahrungen. Das Modell ... kann als hilfreiche Erweiterung des Fünf-Faktoren-Modells der Persönlichkeit ('Big Five') verstanden werden." (www.medizin.uni-tuebingen.de/de/das-klinikum/einrichtungen/kliniken/psychiatrie-und-psychotherapie/kinder-und-jugendpsychiatrie/forschung/hexaco, 29.07.24)
Das HEXACO Modell beschreibt jeden Persönlichkeitsfaktor durch den Vergleich seines positiven mit seinem negativen Auftreten:
Die meistens Menschen liegen bei jedem Persönlichkeitsmerkmal irgenwo zwischen den Extremen. Einige Merkmale sind in ihren Ausprägung nicht so einfach zu verstehen. Für mich ist klar, dass ehrliche, bescheidene, verträgliche, gewissehafte und offene Menschen nicht aggressiv sind.
Wenn man mit einem Menschen längere Zeit zusammnarbeitet, dann kann man aus seinen Handlungen auf seine Persönlichkeit schließen. Hat man es aber mit einer unbekannten Person zu tun, dann stellt sich die Frage, ob man deren Persönlichkeit in ihrem Gesicht erkennen kann.
"Künstliche Intelligenz kann zur psychotherapeutischen Unterstützung werden, denn sie kann Gefühle aufgrund von Gesichtsausdrücken verlässlich erkennen. ... Das Gesicht ist oft ein Spiegel für die Gefühlslage eines Menschen. Die Interpretation von Gesichtsausdrücken, zum Beispiel im Rahmen einer Psychotherapie oder der psychotherapeutischen Forschung, kann deshalb gut charakterisieren, wie sich ein Mensch gerade fühlt. ... Forscher aus Basel haben nun getestet, ob ... diese mindestens so gut im Erkennen von Gesichtsausdrücken ist wie Fachleute. Die Forscher verwendeten dazu frei verfügbare künstliche neuronale Netze, die mithilfe von über 30.000 Gesichtsfotos auf die Erkennung von sechs Basisemotionen trainiert wurden: Glück, Überraschung, Ärger, Abscheu, Trauer, und Angst. Danach analysierte die KI Videos der Therapiesitzungen von insgesamt 23 Borderline-Patientinnen und -Patienten [psychische Erkrankung mit Impulsivität, Stimmungswechseln und gestörtem Selbstbild]. ... Der statistische Vergleich zwischen der Auswertung von drei geschulten Therapeuten und der KI zeigte bemerkenswerte Übereinstimmungen. Die KI beurteilte die Gesichtsausdrücke so verlässlich wie der Mensch." (www.mdr.de/wissen/news/psychotherapie-ki-erkennt-emotionen-besser-als-mensch-100.htm, 04.01.25)
Beispiel: Am 19.01.23 bin ich abends mit dem Zug von Hamburg nach Kiel gefahren. Im Zug lief ein Mann hin und her, der einen Gesichtsausdruck hatte, wie ein gehetztes Tier. Ich hatte richtig Angst vor dieser Person, so dass ich schon überlegte aus dem Zug auszusteigen und auf den nächsten zu warten. Am 25.01.23 hat dieser Mann in dem Zug von Kiel nach Hamburg zwei Menschen erstochen und vier andere schwer verletzt.
Es gibt zwei Arten von Gewalttätern: die impulsiven (die sich nicht beherrschen können) und die kalkulierenden (die ihre Taten langfristig planen).
"Infolge von Defiziten in der Gefühlssteuerung gehen impulsive Gewalttäter planlos vor und ignorieren Risiken und Gefahrensignale. Im Gegensatz dazu benötigt der kühl kalkulierende Verbrecher ein weit gehend intaktes Frontalhirn, denn die langfristige Planung der Tat erfordert komplexe Entscheidungsprozesse. Diese wenn auch kleinere Gruppe von gefährlichen Straftätern, die ihre Handlungen sorgsam planen und offenbar mitleidlos handeln, erregen die größte Abscheu in der Bevölkerung. Auch vor Gericht wird solchen Menschen eher eine 'besondere Schwere der Tat' angelastet, vor allem, weil sie oft keine Reue zeigen. Für den planenden Gewalttäter hat oberste Priorität, nicht erwischt zu werden – der impulsive Typ verschwendet keinen Gedanken daran." (www.spektrum.de/pdf/gug-06-09-s044-pdf/848017?file, 06.01.25, S. 49)
Bei kalkulierenden Gewalttätern ist es wahrscheinlich nur schwer oder gar nicht möglich ihre Absichten an ihrem Verhalten zu erkennen.
Beispiel: Als Schöffe war ich an einem Prozess wegen drei Vergewaltigungen beteiligt. Der Täter ist den Frauen am frühen Morgen auf öffentlichen Wegen begegnet. Beim Vorübergehen hat er den Frauen mit voller Wucht auf den Kopf geschlagen, so dass sie auf den Boden fielen. Die Frauen gaben an, von dem Schlag völlig überrascht gewesen zu sein. Der Täter hatte den Angriff nicht langfristig, sondern nur sehr kurzfristig geplant.
Wenn wir ein Problem lösen wollen, sollten wir immer die beiden extremen Lösungsmöglichkeiten betrachten, weil die optimale Lösung meist zwischen diesen beiden liegt (siehe auf Learn-Study-Work "Wie Situationen = Systeme analysieren").
Was wären die beiden extremen Reaktionen auf aggressives Verhalten?
Das eine Extrem ist, sehr harte Strafen und möglichst vollständige Überwachung.
"Die USA bezeichnen sich in ihrer Nationalhymne als "Land der Freien", aber in keinem anderen Staat sind im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung so viele Menschen eingesperrt. Nicht einmal in autoritär regierten Ländern wie China oder Russland. Im Prinzip liegt es daran, dass Straftäter in Amerika schlicht sehr lange Haftstrafen absitzen, auch für kleinere Delikte. ... Nach dieser Logik sollen ... Wiederholungstäter nach dem dritten Mal sozusagen aus dem Verkehr gezogen werden. ... Der Fall des Ladendiebs Jacobia Grimes offenbart, welch absurde Ergebnisse die Haft-Inflation hervorbringt. ... Nun muss der Verdächtige wegen einer Lappalie womöglich zwei Jahrzehnte in Haft leben, was den Staat jedes Jahr 19 000 Dollar kostet." (www.sueddeutsche.de/panorama/justiz-20-jahre-haft-fuer-geklaute-schokoriegel-1.2937582, 10.01.25)
"Man stopft die Leute in die Gefängnisse, wo sie kaum etwas zu tun haben. Sie haben lange Haftstrafen abzusitzen mit geringen Chancen früher rauszukommen. Also gibt es auch keinen Anreiz, sich anständig zu benehmen. ... Wir haben dieses Klischee in diesem Land, dass Kriminelle als Kriminelle geboren wurden und zu nichts anderem mehr zu gebrauchen sind." (www.deutschlandfunk.de/gefaengnismisere-in-den-usa-100.html, 10.01.25)
"In China gehören die Großstädte zu den am meisten überwachten Orten der Welt. Auf 1000 Einwohner kommen in der Regel mehr als 100 Überwachungskameras. ... Seit dem 01.12.2019 gilt dort die Regel, dass jeder, der eine neue Handynummer haben möchte, sich einem Gesichts-Scan unterziehen muss. Die Regierung möchte dadurch die friedlichen Bürger gegen Cyberspace stärken und vor allem gegen Betrugsstraftaten vorgehen; an sich ist dies als nicht verwerflich anzusehen. Im ganzen Land in China ist die Gesichtserkennung verbreitet, so z.B. am Flughafen Daxing in Peking beim Einchecken, für den Zugang ins Büro oder für das Hotelzimmer. Auch in der U-Bahn von Peking gibt es mittlerweile Sicherheitskontrollpunkte mittels Gesichtserkennungseingänge." (www.juraforum.de/lexikon/totale-ueberwachung, 10.01.25)
Fortsetzung folgt ...