Kreativ werden - mit neuen Ideen Probleme lösen

Kernaussage: Kreativität baut auf Wissen auf. Ein Problem kreativ lösen, heißt eine Wissenslücke mit einer neuen Idee zu schließen. Dazu müssen wir uns die richtigen Fragen stellen und uns alle Möglichkeiten vorstellen, mit denen die Wissenslücke geschlossen werden könnte.

 

Was ist Kreativität?

Wenn wir ein Problem lösen wollen, dann benötigen wir zuerst eine Idee und dann eine zu der Idee passende Methode: Eine Idee ist ein knappes geistiges Bild von etwas, eine Vorstellung, die das Wesentliche (das Prinzipielle) von etwas beschreibt. Eine Methode ist der Weg zu einem gewünschten Ziel (eine genaue Beschreibung dieses Weges). Um eine optimale Lösung für ein Problem zu finden, sollten wir immer versuchen, mehrere alternative Ideen zu haben.

 

"Ein weit verbreiteter Irrglaube in Bezug auf den CPS-Prozess ist [CPS = kreatives Problemlösen], dass es sich um einen freilaufenden, unstrukturierten, fast mystischen Prozess handelt. Dieser Glaube wird durch Anekdoten von kreativen Durchbrüchen gefördert, die in Zeiten unbewussten Schlafs oder über einen unbewussten Denkprozess stattfinden." (Titus, P. A. (2000). Marketing und der kreative Problemlösungsprozess. Zeitschrift für Marketing-Ausbildung, 22, S. 226)

 

Ideen entstehen auf der Grundlage von Wissen. Warum aber denken viele Menschen, dass neue Ideen unbewußt entstehen, dass sie "vom Himmel fallen"?

 

"Jedes menschliche Gehirn ist evolutionär mehr auf ... das Sammeln und Generalisieren von Erfahrungen eingestellt, die das Überleben in seiner Umwelt ermöglichen." (Rost, F. (2018) Lern- und Arbeitstechniken für das Studium. Springer VS, Wiesbaden, S. 34)

 

In gefährlichen Situationen haben wir keine Zeit lange nachzudenken, weshalb unser Gehirn versucht, intuitiv (unbewußt) das Richtige zu tun, also das, was unseren bisherigen Erfahrungen entspricht. Unser Gehirn denkt unbewußt in "Bahnen", d. h. in einer vorgegebenen Richtung und das nicht nur in gefährlichen Situationen. Deshalb müssen wir, wenn wir neue Ideen entwickeln wollen, diese "Bahnen" verlassen.

 

Wenn wir längere Zeit über ein schwieriges Problem nachdenken, dann denken wir in solch festen "Bahnen". Erst wenn wir eine Pause machen und den Denkprozess neu starten, können wir die alten "Bahnen" verlassen und auf eine neue Idee kommen. Dann scheint es so, als wäre die Idee "vom Himmel gefallen".

 

"... schwierige Probleme sind solche, für die ein Problemlöser (Mensch oder Computer) nicht genügend Wissen und Ressourcen hat ..." (Wang, P. (2007). The logic of intelligence. In Artificial General Intelligence eds. B. Goertzel and C. Pennachin. New York, NY: Springer, S. 39)

 

Mit ausreichendem Wissen wäre es für uns leicht, das Problem zu lösen oder wir würden erkennen, dass das Problem unlösbar ist. So macht es z. B. keinen Sinn, bei einem schwierigen Problem ein Brainstorming durchzuführen mit Leuten, die nichts über das Problem wissen.

 

Wie können wir trotz fehlendem Wissen zu neuen Ideen kommen? Es gibt zwei Möglichkeiten:

 

1. Wir finden Ideen, die andere zur Lösung eines ähnlichen Problems verwendet haben


Dazu führen wir eine Literaturrecheche durch. Um mit den richtigen Schlüsselwörtern zu suchen, stellen wir eine grundlegende Frage oder sehen uns die Definitionen der Begriffe an, die zu unserem Problem gehören.

 

"Vor jedem Projekt müssen wir innehalten und uns fragen, ob jemand dieses Problem bereits gelöst hat. Dann müssen wir uns ernsthaft fragen, ob es einen guten Grund gibt, warum unsere Lösung anders sein muss." (www.producttalk.org/2013/08/find-someone-else-who-has-solved-your-problem-before, 03.10.2020)

 

Auch wenn wir eine bereits erfolgreiche Idee finden, sollten wir trotzdem versuchen, diese zu verbessern.

 

2. Wir müssen kreativ werden und selber neue Ideen entwickeln

 

"Ich definiere Kreativität genauer als den Prozess, originelle Ideen zu haben, die wertvoll sind. ... Bei der Kreativität geht es darum, etwas Neues zu schaffen. ... Es muss zumindest für den Schöpfer neu sein und nicht nur eine Kopie oder eine Wiederholung." (www.interaliamag.org/interviews/ken-robinson, 21.09.20)

 

"Allzu oft ... bedeutet 'Kreativität', große, originelle Ideen zu haben. ... die Ideen werden oft mehr nach ihrer Neuartigkeit als nach ihrem potenziellen Nutzen beurteilt ..." (https://hbr.org/2002/08/creativity-is-not-enough, 26.09.20)

 

Kreativität ist die Fähigkeit, neue Ideen zu haben, mit denen ein Ziel erreicht werden kann, das nützlich/wertvoll ist. Ist dies die Definition von Kreativität?

 

Wissenschaftler erschaffen Wissen, welches neu und nützlich ist. Sind also alle Wissenschaftler kreativ? Nicht unbedingt: Wenn ein Wissenschaftler so lange zu einer Frage forscht, dass er am Ende gar nicht mehr anders kann, als auf eine neue Idee zu kommen, dann kann man das nicht als kreativ bezeichnen.

 

Beispiel: Zwei Wissenschaftler suchen die Lösung zu einem Problem. Keiner von ihnen weiß, was der andere tut. Der eine Wissenschaftler braucht 10 Jahre, um das Problem zu lösen, der andere nur 2 Jahre (ohne, dass der Zufall ihm geholfen hat). Welcher von beiden ist kreativer?

 

Wenn man die Kreativität eines Menschen bewerten will, muss man nicht nur die Qualität seiner Idee bewerten, sondern auch die Zeit, die er gebraucht hat, um auf die Idee zu kommen. Eine Person ist also besonders kreativ, wenn sie in kurzer Zeit auf der Grundlage von wenigen Informationen neue Ideen entwickeln kann, die sehr nützlich sind. Allerdings gilt auch, dass sich schwierige Probleme nur selten in kurzer Zeit lösen lassen.

 

"Erfahrene Wissenschaftler und Ingenieure sind keine Expert/innen, weil sie gut darin sind, ein bestimmtes Vorgehen abzuarbeiten oder eine bestimmte Methode anzuwenden, sondern weil sie gut darin sind, ihr Wissen und ihre fachlichen Kompetenzen anzuwenden, um Probleme zu lösen, für die es keine vollständigen Informationen und keine vordefinierten Lösungsschritte gibt." (www.telekom-stiftung.de/sites/default/files/files/OECD-Studie-Innovative%20Pr%C3%BCfungsformate-deutsch.pdf, 29.08.24)

 

Definition: Kreativität ist die Fähigkeit, auf der Grundlage von wenigen Informationen neue Ideen zu haben, die nützlich sind.

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Warum benötigen wir Wissen für neue Ideen?

"... in Leo Tolstois Roman 'Krieg und Frieden' erklärt Fürst Andrej Bolkonski das Konzept des Krieges ʹ... Im Krieg kennt man die Position des Gegners nicht; manches kann man vielleicht beobachten, manches muss man erahnen (aber das hängt von den eigenen Fähigkeiten ab!), und manches kann man nicht einmal erraten. ...ʹ

Im Grunde ist der Krieg durch ein hohes Maß an Unsicherheit gekennzeichnet. Ein guter Kommandant ... kann das, was er sieht, ergänzen, versuchsweise die Lücken füllen – und zwar nicht nur durch logische Schlussfolgerungen, sondern auch durch intelligentes Überbrücken von Lücken." (Dörner, D., & Funke, J. (2017). Complex problem solving: What it is and what it is not. Frontiers in Psychology, 8, 1153, S. 7, www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpsyg.2017.01153/full, 22.05.23)

 

Ein guter Befehlshaber hat viel Wissen und Erfahrung. Mit seinem vorhandenen Wissen kann er eine Analyse des Problems durchführen und so erkennen, wo es Wissenslücken gibt.

 

Die Methode "Versuch und Irrtum" ist die einfachste Methode, eine Wissenslücke mit einer Idee zu füllen, aber niemand will sich auf sein Glück verlassen und die Ideen für die Versuche zufällig auswählen.

 

"Wenn die Versuche zufällig ausgewählt werden, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, eine brauchbaren Lösung für ein komplexes, interaktionsreiches Problem zu finden. Effizientere Verfahren nutzen Wissen, um diesen Suchprozess zu steuern." (Nickerson, J. a. and Zenger, T.R. (2004). A Knowledge-Based Theory of the Firm—The Problem-Solving Perspective. Organization Science, Vol. 15 No. 6, S. 620)

 

"Die Mobilisierung von Vorwissen reicht in vielen Alltagssituationen nicht aus, um neue Probleme zu lösen. Wissenslücken müssen durch Beobachtung und Erkundung der Problemsituation geschlossen werden. Dies beinhaltet oft die Interaktion mit einem neuen System [dem neuen Problem], um Regeln zu entdecken, die wiederum zur Lösung des Problems angewendet werden müssen." (Pisa 2012 Field Trial Problem Solving Framework, www.oecd.org/pisa/pisaproducts/46962005.pdf, 01.11.20, S. 15)

 

Wenn eine Expertin ein Problem untersucht, versucht sie zuerst zu erkennen, welches Wissen ihr fehlt, um das Problem gänzlich zu verstehen. Dann benutzt sie ihren Möglichkeitssinn und stellt sich kreativ vor, welche Möglichkeiten es gibt, um ihre Wissenslücken zu füllen. Anschließend untersucht sie mit ihrem Realitätssinn (s. u.) die verschiedenen Möglichkeiten, um diejenigen herauszufinden, die erfolgversprechend sind. Sie konkretisiert diese Möglichkeiten weiter und sieht, welche Methoden zur Zielerreichung sich ergeben. Durch logisches Schlussfolgern entscheidet sie letztendlich, durch welche Möglichkeit/Methode  das Problem am besten gelöst werden kann (s. u. bei "abstraktes Denken und logisches Schlussfogern").

 

"Dieser Möglichkeitssinn setzt voraus, dass man das Ganze (oder mehrere Ganzheiten) kennt [wenn es eine Wissenslücke bei einem Teil gibt] oder in der Lage ist, ein unbekanntes Ganzes zu konstruieren, das einen bekannten Teil aufnehmen kann [wenn das Ganze die Wissenslücke ist]. Das Ganze muss mit soziologischen und geografischen Gegebenheiten, mit der Mentalität bestimmter Völker oder Gruppen und mit den Gesetzen der Physik und Chemie in Einklang stehen. Andernfalls ist das gesamte Unterfangen unbegründet. Ein Möglichkeitssinn zielt nicht auf den Mond, sondern stellt sich etwas vor, das möglich sein könnte, aber bisher nicht für möglich oder auch nur potenziell möglich gehalten wurde." (Dörner, D., & Funke, J. (2017). Complex problem solving: What it is and what it is not. Frontiers in Psychology, 8, 1153, S. 7)

 

(Dieses Zitat geht von dem Satz aus: "Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile" - das Ganze kann unbekannt sein oder ein Teil kann unbekannt sein, siehe auf Learn-Study-Work "Wie Situationen/Systeme analysieren".)

 

Um das "Ganze konstruieren zu können", ist es notwendig zu wissen, welche Regeln und Fakten für das Problem gelten (z. B. die Gesetze der Physik und Chemie). Regeln sind konditionale Aussagen (wenn eine Voraussetzung gilt, dann gilt auch die Konsequenz). Wenn ich den Flächeninhalt eines Rechtecks berechnen will, kann ich die Formel A = L x B verwenden (Regel: Wenn ich bei einem Rechteck die Länge mit der Breite multipliziere, dann erhalte ich den Flächeninhalt). Das ist aber nur möglich, wenn ich die Werte für L und W kenne (dies sind Fakten).

 

"Im weitesten Sinne kann eine Regel jede Aussage sein, die besagt, dass eine bestimmte Schlussfolgerung immer dann gültig sein muss, wenn eine bestimmte Prämisse [Voraussetzung] erfüllt ist, d.h. jede Aussage, die als Satz der Form 'wenn ... dann ...' gelesen werden kann ... Es ist anzumerken, dass es außerhalb der Logik erster Ordnung eine Reihe von recht unterschiedlichen Interpretationen des Begriffs 'Regel' gibt." (Hitzler P., Krötzsch M., Rudolph, S. (2009). Foundations of Semantic Web Technologies. Chapman & Hall/CRC, S. 213 - 216)

 

Beispiel: Wenn ich fliegen will, sollte ich alle Dinge studieren, die in die Luft aufsteigen: heiße Luft, einige Gase, Vögel, Blätter im Wind usw. Wenn ich die Regeln verstehe, warum diese Dinge in die Luft aufsteigen, dann kann ich diese Regeln vielleicht nutzen, um selbst zu fliegen. Vögel können fliegen. Es ist möglich, dass sie fliegen können, weil ihre Flügel eine besondere Form haben. Ich sollte also die Form ihrer Flügel untersuchen.

 

"... für alle fliegenden Tiere in der Natur [gelten] die gleichen physikalischen Gesetze [Regeln] für Vortrieb und Auftrieb ...: Vortrieb durch den Flügelschlag, Auftrieb durch den Unterdruck an der gewölbten Flügeloberseite (Bernoulli-Prinzip)." (www.planet-schule.de/wissenspool/tierische-flugpioniere/inhalt/hintergrund.html#kap2, 23.04.22)

 

In den Jahren 1486 - 1513 beschäftigte sich Leonardo da Vinci mit dem Fliegen, z. B. entwarft er ein Schwingenflugzeug. Ihm fehlte aber das notwendige Wissen, um den Entwurf in die Praxis umzusetzen.

 

Otto Lilienthal war der "erste, der aero­dynamische Prinzipien syste­matisch unter­suchte und beschrieb. Sein bahn­brechendes Buch ʹDer Vogelflug als Grundlage der Fliegekunstʹ ... nutzten etwa die Brüder Wright für ihre Flug­zeug­ent­wicklungen: ʹDie wichtigste Erkenntnis (…) war die Entdeckung, dass gewölbte Trag­flächen einen größeren Auf­trieb lieferten als ebeneʹ, stellten sie fest." (https://aeroreport.de/de/good-to-know/wie-ein-vogel, 05.01.23)

 

Er schreibt in seinem Buch:

"Werfen wir nun einen Rückblick auf das in diesem Werke zur Darstellung gebrachte, so heben sich darin eine Anzahl aus Versuchen hergeleiteter Sätze [Regeln] ab ... Die Einsicht von der Richtigkeit dieser Sätze erfordert nur ein Verständnis der einfachsten Begriffe der Mechanik ... " (www.luftfahrt-bibliothek.de/datenarchiv/otto-lilienthal-der-vogelflug-als-grundlage-der-fliegekunst.pdf, 25.04.22, S. 182)

 

Auf dem Gebiet der Wissenschaft heißen die Möglichkeiten, die Wissenslücken füllen sollen, Hypothesen.

 

"Ein Großteil der wissenschaftlichen Forschung basiert auf der Untersuchung bekannter Unbekannter [known unknowns]. Mit anderen Worten: Wissenschaftler entwickeln eine zu prüfende Hypothese, und dann werden im Idealfall Experimente durchgeführt, ... es ist üblich, dass der Forscher davon ausgeht, dass das Ergebnis, das er erhalten wird, innerhalb eines Bereichs bekannter Möglichkeiten liegen wird. Gelegentlich ist das Ergebnis jedoch völlig unerwartet - es war eine unbekannte Unbekannte [an unknown unknown]." (Logan, D. C. (2009). Known knowns, known unknowns, unknown unknowns and the propagation of scientific enquiry. Journal of Experimental Botany, 60(3), S. 712)

 

Die Schwierigkeit besteht darin, sich auch die "unbekannten Unbekannten" vorzustellen. Das können nur Menschen, die in der Lage sind, sich die richtigen Fragen zu stellen.

 

"Die Kunst zu fragen ist nicht so leicht als man denkt; es ist weit mehr die Kunst des Meisters als die des Schülers. Man muß viel gelernt haben, um über das, was man nicht weiß, fragen zu können." (Jean-Jacques Rousseau, 1712 - 1778, www.aphorismen.de/zitat/15231, 12.03.24)

 

Welche Art von Wissen ist erforderlich, um kreativ werden zu können?

1. Fachwissen

 

"... Experten verfügen nicht über bessere allgemeine kognitive [geistige] Fähigkeiten als Neulinge - wie etwa eine bessere Gedächtnisleistung -, sondern Experten haben aufgrund ihrer Erfahrung ein besseres Fachwissen ..." (Pisa 2012 Field Trial Problem Solving Framework, www.oecd.org/pisa/pisaproducts/46962005.pdf, 01.11.20, S. 40/41)

 

Wer ein gutes Fachwissen hat, der kennt auf dem betreffenden Fachgebiet viele Regeln und Fakten und er/sie weiß auch, wo und wie diese angewendet werden können, um Probleme zu lösen.

 

"... Fachwissen in einem Bereich hilft den Menschen, eine Sensibilität für Muster sinnvoller Informationen zu entwickeln, die Anfängern nicht zur Verfügung stehen. ... Unterschiede in der Art und Weise, wie Physikexperten und -neulinge an Probleme herangehen, zeigen sich auch, wenn sie gebeten werden, auf Karteikarten geschriebene Probleme nach dem Ansatz zu sortieren, mit dem sie gelöst werden könnten (Chi et al., 1981). Die Problemstapel der Experten sind nach den Prinzipien [Regeln] geordnet, die zur Lösung der Probleme angewendet werden können; die Stapel der Anfänger sind nach den Oberflächeneigenschaften der Probleme geordnet. ...

Experten haben nicht nur Wissen erworben, sondern sind auch gut darin, das Wissen abzurufen, das für eine bestimmte Aufgabe relevant ist." (National Research Council. (2000) How people learn: Brain, mind, experience, and school. Washington, DC: National Academy Press, S. 33, 38, 43, www.nap.edu/read/9853/chapter/5)

 

Es ist also wichtig, die Regeln hinter den Oberflächeneigenschaften zu verstehen.

 

2. Allgemeinwissen

 

Wir brauchen Allgemeinwissen, um Analogien finden zu können, die uns zu neuen Ideen inspirieren.

 

"Die Fähigkeit, Ähnlichkeiten und Analogien zu erkennen, ist einer der grundlegendsten Aspekte der menschlichen Kognition. Sie ist entscheidend für das Erkennen, Klassifizieren und Lernen und spielt eine wichtige Rolle bei wissenschaftlichen Entdeckungen und Kreativität. ... Analoges Schlussfolgern beinhaltet die Identifizierung und Übertragung von strukturellen Informationen von einem bekannten System (der Quelle) auf ein neues und relativ unbekanntes System (das Ziel)." (Vosniadou, S. & Ortony, A. (1989). Similarity and analogical reasoning, Cambridge: Cambridge University Press, S. 1)

 

"Eine Analogie liegt vor, wenn die Struktur der Beziehungen zwischen einer Menge von Elementen ... mit der einer anderen Menge übereinstimmt." (Barr, N. (2014). Reasoned connections: Complex creativity and dual-process theories of cognition. UWSpace, S. 12)

 

Wenn zwei Objekte (Systeme) Analogien aufweisen, dann ist es vielleicht möglich, die Regeln des bekannten Systems auf das weniger unbekannte System anzuwenden. Menschen mit einem großen Allgemeinwissen kennen in sehr vielen Fachgebiete die wichtigsten Regeln und können diese von einem Fachgebiet auf ein anderes übertragen.

 

Der Mathematiker George Pólya veröffentlichte 1945 sein Buch "How to solve it".

"Die Kernbotschaft von How to solve it lautet: ... Viellicht hat jemand ein ähnliches Problem geknackt, eine Methode verwendet, die man abwandeln kann? Insofern sollte man sich stets die Fragen stellen: Kenne ich ein verwandtes Problem? Kann ich mein Problem umformulieren, so dass es einem bekannten, gelösten Problem ähnlich wird?" (Loos, A., Sinn, R., & Ziegler, G. M. (2022). Panorama der Mathematik. Springer, S. 61)

 

3. Problemlösungskompetenz

 

Viel Fach- und Allgemeinwissen ist gut, aber wir müssen auch wissen, wie wir dieses Wissen anwenden und wie wir uns dabei kontrollieren können. Deshalb benötigen wir eine Problemlösungskompetenz:

 

Skill (Kompetenz) ist "... die Fähigkeit, Kenntnisse anzuwenden und Know-how einzusetzen, um Aufgaben auszuführen und Probleme zu lösen." (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32008H0506(01)&from=DE#d1e32-4-1, 07.11.21)

 

Eine Problemlösungskompetenz beinhaltet das analytische und kreative Denken.

 

"Genf, Schweiz, 1. Mai 2023 - The Future of Jobs Report 2023  [des Weltwirtschaftsforums] geht davon aus, dass sich nahezu ein Viertel aller Arbeitsplätze (23 %) in den nächsten fünf Jahren verändern wird, ... Die Schulung von Mitarbeitern in der Nutzung von KI und Big Data hat für 42 % der befragten Unternehmen in den nächsten fünf Jahren Priorität und rangiert damit direkt hinter analytischem Denken (48 %) und kreativem Denken (43 %) ..." (www3.weforum.org/docs/WEF_Future_of_Jobs_2023_News_Release_DE.pdf, 06.08.24, S. 1-2)

 

Viele Menschen denken, dass Problemlösungskompetenz und Kreativität nur für große Probleme notwendig sind.

 

"Der Grund, warum die Führungskraft neue Ideen so oft ablehnt, liegt darin, dass sie ein vielbeschäftigter Mann ist, dessen Hauptaufgabe darin besteht, tagtäglich einen ständigen Strom von Problemen zu bewältigen. Er erhält einen nicht enden wollenden Strom von Fragen, zu denen Entscheidungen getroffen werden müssen. Ständig ist er gezwungen, sich mit Problemen zu befassen, deren Lösungen mehr oder weniger dringend sind und auf die es keine eindeutigen Antworten gibt. Einem Untergebenen mag es großartig erscheinen, seinen Chef mit vielen brillanten neuen Ideen zu versorgen, um ihm bei seiner Arbeit zu helfen. Aber die Befürworter der Kreativität müssen ein für alle Mal die dringenden Tatsachen im Leben einer Führungskraft verstehen: Jedes Mal, wenn ihm eine Idee vorgelegt wird, schafft sie mehr Probleme für ihn - und er hat schon genug." (https://hbr.org/2002/08/creativity-is-not-enough, 26.09.20)

 

Seine tägliche Arbeit zu optimieren kostet Zeit, aber man kann auch viel Zeit gewinnen.  Lösen Sie zunächst einige kleine Probleme optimal, dann können Sie versuchen, größere Probleme zu lösen.

 

"Harrington (1995) beschrieb, dass jede Organisation, die Schritt halten will mit einem sich schnell verändernden Umfeld, sowohl CI [kontinuierliche Verbesserung] als auch bahnbrechende Verbesserung in vollem Umfang nutzen muss. Unternehmen, die gerade erst mit ihren Verbesserungsaktivitäten beginnen, sollten ihre Bemühungen zunächst auf CI richten und eine Arbeitsgrundlage schaffen. Dann sollten sie ihre Verbesserungsbemühungen auf die bahnbrechende Verbesserung ausweiten." (Singh, J., and Singh, H. (2015). Continuous improvement philosophy–literature review and directions. Benchmarking: An International Journal, Vol. 22 No. 1, S. 95)

 

4. Kreativitätstechniken

 

Auch Kreativitätstechniken können helfen neue Ideen zu haben. Leider kenne ich mich mit diesen Techniken nicht gut aus. Wenn Sie allerdings meine Texte hier auf der Webseite lesen, werden Sie feststellen, dass sie viele neue Ideen enthalten.

 

Warum sind abstraktes Denken und logisches Schlussfolgern wichtig für die Kreativität?

"Eine der Herausforderungen, vor denen die Forschung im Bereich der künstlichen Intelligenz heute steht, ist die Entwicklung von Systemen, die in der Lage sind, systematisch-generalisierendes Schlussfolgern zu nutzen, um neue Aufgaben zu bewältigen. Der "Abstraction and Reasoning Corpus" (ARC) [Abstraktion und Schlussfolgerung Körper] misst eine solche Fähigkeit anhand einer Reihe von visuellen Schlussfolgerungsaufgaben." (https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-030-93409-5_54, 02.06.23)

 

Was ist systematisch-generalisierendes Schlussfolgern? Eine Problemlösung hat vier Hauptelemente: die Ausgangssituation, das Ziel, das Hindernis, welches die Zielerreichung verhindert und die Methode, die zum Ziel führen soll. Wenn es bei einem oder mehreren dieser Elemente Wissenslücken gibt, können wir das Problem nicht lösen. Das folgende Bild zeigt, wie durch systematisch-generalisierendes Schlussfogern ein Problem gelöst werden kann.

Kreativ werden - Möglichkeitssinn / Realitätssinn anwenden - alle Möglichkeiten zu Wissenslücken abstrahieren - konkretisieren - Methode auswählen - www.learn-study-work.org

Um eine Wissenslücke zu schließen, benötigen wir zuerst einen Möglichkeitssinn. Das heißt, wir müssen alle Möglichkeiten auflisten, die diese Lücke füllen könnten. Wir tun dies auf einer abstrakten (generalisierende) Ebene, weil wir keine Möglichkeit übersehen wollen. Dann benötigen wir einen Realitätssinn. Mit diesem konkretisieren wir jede dieser abstrakten Möglichkeiten. Schließlich entscheiden wir durch logisches Schlussfolgern, mit welcher Möglichkeit wir unser Ziel bestmöglich erreichen können.

 

"Argumentieren [ein Realitätssinn] bedeutet scharfes und genaues logisches Schlussfolgern. Solche Schlussfolgerungen beruhen in der Regel auf Beweisen und Gegenbeweisen. ... Denken [ein Möglichkeitssinn] aber ist das, was nötig ist ... [für] die Konstruktion einer zunächst unbekannten Realität. ... Sobald unser Möglichkeitssinn uns geholfen hat, eine Situation zu erfassen, müssen die Problemlöser [ihren Realitätssinn und] ihre logischen Fähigkeiten einsetzen . ... aber es ist eine Logik, die auf ständig wechselnden Voraussetzungen beruht: Wir können nicht wissen, ob die notwendigen Bedingungen erfüllt sind, manchmal erweisen sich die Annahmen, die wir getroffen haben, später als falsch, und manchmal müssen wir unsere Annahmen revidieren oder ganz neue treffen. Es ist notwendig, ständig zwischen unserem Möglichkeitssinn und unserem Realitätssinn hin und her zu wechseln ... " (Dörner, D., & Funke, J. (2017). Complex problem solving: What it is and what it is not. Frontiers in Psychology, 8,1153, S. 7, ww.frontiersin.org/journals/psychology/articles/10.3389/fpsyg.2017.01153/full, 17.05.24)

Kreativ werden - mit neuen Ideen Probleme lösen - komplexes Problemlösen - Möglichkeitssinn - Realtitätssinn - kreative Texte schreiben - www.learn-study-work.org

"Trotz des Ansturms kreativer Maschinen wie der generativen KI werden sie die menschliche Kreativität und den Einfallsreichtum nicht besiegen. So wie das Aufkommen der Fotografie die Malerei nicht auslöschte, sondern eine neue Kunstform schuf, ermöglicht generative KI neue Wege der Kunst und Kreativität." (https://nextconf.eu/2023/05/lets-get-physical/?ct=t(nl_07_23_next23, 08.07.23)

 

Künstlichen Intelligenz kann schnell viele Versuche berechnen, aber sie ist (noch?) weniger kreativ als ein Mensch, wenn sie Wissenslücken füllen sollen.

 

"Im Idealfall möchten wir, dass Agenten der Künstlichen Intelligenz (KI) mit einer beliebigen Umgebung interagieren, in der nur Teilinformationen mit Unsicherheit verfügbar sind. ... KI-Agenten sind viel besser im quantitativen Rechnen als Menschen, aber sie sind weniger in der Lage, Konzepte qualitativ wahrzunehmen. Dies ist der Grund, warum KI-Agenten menschliche Experten in deterministischen Spielen wie Schach und Go schlagen können, aber Schwierigkeiten haben, eine alltägliche Aufgabe zu erledigen ..." (https://openresearch-repository.anu.edu.au/handle/1885/154259, 11.10.20)

 

Wie können kreative Ideen bewertet werden?

Wenn es bei der Idee darum geht, ein Problem zu lösen, dann ist die Bewertung relativ einfach: Um zu prüfen, ob die Idee neu ist, kann nach ihr im Internet mit passenden Suchmaschinen oder mit einer KI gesucht werden. Die Nützlichkeit der Idee ergibt sich daraus, wie optimal sie das betreffende Problem lösen kann.

 

Bei kreativen Werken wie Bildern, Fotos, Musik, Filmen, Literatur oder Pressetexten ist die Bewertung schwierig. Die Werke sind oft ähnlich. Entscheidend ist bei ihnen nicht der Neuigkeitsgrad, sondern ob sie interessant sind oder nicht (Werke, die nichts Neues bieten, sind nicht interessant). Ob solche Werke nützlich/wertvoll sind, entscheidet sich daran, ob angenehm und anregend sind. So sagt der Journalist Wolf Schneider:

 

Es lässt sich "unser Grundrecht auf verständliche, angenehme, interessante Lektüre zu drei Grundforderungen zusammenfassen … 1. Schreiber und Redner: Fasse Dich kurz! … 2. Faß die Sache – triff das Ziel … 3. Liebe deinen Leser wie dich selbst! … Was sie [die Leser] angenehm finden, was sie anregt: Das zählt."  (Schneider, W. (1988). Deutsch für Kenner. Die neue Stilkunde. Hamburg: Gruner + Jahr, S. 40 u. 41)

 

Angenehm ist ein Werk, wenn es verständlich ist. Anregend ist es, wenn die Adressatinnen dazu gebracht werden, ihre Vorstellungskraft (ihren Möglichkeitssinn) einzusetzen. Aristoteles sagt:

 

"Der Geschichtsschreiber und der Dichter ... unterscheiden sich nämlich nicht durch die gebundene oder ungebundene Rede, denn man könnte das Werk des Herodot in Verse setzen und es würde nach wie vor eine Art Geschichtsdarstellung sein ... Der Unterschied ist vielmehr der, daß jener, was sich zugetragen darstellt, dieser, was sich hätte zutragen können. (aus: Aristoteles: Poetik. Übersetzt u. herausgegeben von Manfred Fuhrmann, Stuttgart, 1982, S.29)

 

Der Dichter ist kreativ und der Geschichtsschreiber nicht.

 

Gehen Sie zu den weiteren Schritten des Problemlösungsprozesses:

"Wie Probleme lösen", "Probleme erkennen", "Ziele setzen", "Situationen/Systeme analysieren"

 

Lesen Sie auf Learn-Study-Work: "Wie lernen", "Aktives Lernen", "Was ist Gesundheit", "Was ist ein gesunder Lebensstil", "Was ist Wissenschaft", "Einen guten Text schreiben", "Was ist Literatur", die "Gliederung" und "Einleitung" einer Bachelor- oder Masterarbeit

 

Read on Learn-Study-Work:

"How to define words", "How to solve problems", "What is Science", "What is Health", "How to write a text", "How to analyze situations = systems", "How to be creative"

en français: "Qu'est-ce que le respect ?", "Comment réagir à un comportement irrespectueux ?", "Comment écrire un texte ?"

en español: "¿Qué es el respeto?", "¿Como responder a la falta de respeto?"

in italiano: "Cosa è il rispetto?", "Come reagire alla mancanza di rispetto?"

बंगाली बंगाली में: "সম্মান কি ?"